Hallo Joshua, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Gespräch nehmen. Wir freuen uns darauf, mehr über Ihre Erfahrungen bei der digitalen Transformation des Philomath School Districts zu erfahren.
1. Können Sie uns einen Überblick über die aktuelle digitale Landschaft an Schulen geben? Wie hat sie sich in den letzten Jahren entwickelt?
Die COVID-19-Pandemie machte Remote-Arbeit und -Lernen zu einer absoluten Notwendigkeit, was zu einem erheblichen Zustrom an Fördermitteln führte. Diese ermöglichten es Schulen, schnell Werkzeuge wie Chromebooks einzuführen. Obwohl die meisten Schulen zum Präsenzunterricht zurückgekehrt sind, stehen sie nun vor neuen Herausforderungen. Ein zentrales Problem ist die wachsende technische Verschuldung – viele Schulen haben nicht die Mittel, um veraltete Chromebooks oder die notwendige Netzwerkinfrastruktur zu ersetzen, die die Vielzahl an Geräten vor Ort unterstützen könnte.
Auch die Cybersicherheit bleibt ein drängendes Thema. Aufgrund begrenzter Budgets handeln viele Schulen erst, nachdem es zu einem ernsthaften Sicherheitsvorfall gekommen ist. Gleichzeitig werden Eltern zunehmend lautstark, wenn es um die Sicherheit, Privatsphäre und das Wohlbefinden ihrer Kinder geht. Sie fordern von den Schulen stärkere Schutzmaßnahmen.
„Uns stehen mehr nützliche Tools für die Bildung zur Verfügung als je zuvor.“
Trotz dieser Herausforderungen gibt es auch bedeutende Fortschritte: Noch nie zuvor waren so viele technologische Werkzeuge für die Bildung zugänglich. Viele Schulen sind mittlerweile in der Lage, jedem Schüler einen vollwertigen Computer bereitzustellen, ohne dass die Familien dafür finanziell belastet werden.
2. Welche Hürden sehen Sie als die größten, wenn Schulen neue digitale Werkzeuge und Technologien einführen?
Die offensichtlichste Hürde ist die Cybersecurity. Schulen sind ein Hauptziel für Datendiebstahl, da sie viele sensible Daten verwalten. Besonders der Schutz privater Schülerdaten erfordert sichere Übertragungen vom Student Information System (SIS) zu anderen Systemen – idealerweise mit minimalem Datenaustausch. Anbieter müssen sorgfältig geprüft werden, doch selbst vertrauenswürdige Unternehmen scheitern manchmal an eigenen Sicherheitsstandards.
Eng mit diesem Thema verbunden ist die finanzielle Herausforderung. Schulbudgets schrumpfen und fast alle COVID-Förderprogramme sind ausgelaufen. Zuschüsse sind oft schwer zugänglich und an komplexe Bedingungen geknüpft. Selbst wenn Schulen Fördermittel erhalten, müssen sie die Systeme später oft auf eigene Kosten betreiben. Genehmigungen für wichtige Anschaffungen zu erhalten, ist schwierig, da Finanzverwalter technologische Ausgaben gegen andere Prioritäten abwägen.
Neben finanziellen und technischen Aspekten spielt auch die Akzeptanz neuer Technologien eine große Rolle. Viele Nutzer stehen Veränderungen skeptisch gegenüber. Verpflichtende Maßnahmen wie Multi-Faktor-Authentifizierung können die Arbeit spürbar erschweren. Selbst kleinere Änderungen, wie der Wechsel von Canvas zu Moodle, können den Arbeitsalltag von Lehrkräften erheblich beeinflussen. Kommunikation und Schulungen sind daher entscheidend, um den Übergang zu erleichtern.
„Unser Schulbezirk ist insofern einzigartig, als wir weit mehr Systeme selbst hosten und verwalten als die meisten anderen Bezirke. Dabei setzen wir auf die Flexibilität und Innovationskraft von Linux und Open-Source-Software.“
Eine weitere Hürde, die ich im Zusammenhang mit Cybersecurity erwähnt habe, verdient besondere Beachtung: die Suche nach verlässlichen Anbietern und Partnern. Während freie und Open-Source-Software viele Lösungen bietet, gibt es Fälle, in denen solche Werkzeuge entweder nicht existieren oder nicht zu den spezifischen Anforderungen passen. In solchen Situationen kaufen wir Produkte, die oft mit Supportverträgen verbunden sind. Allerdings neigen viele Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten dazu, kundennahe Rollen wie Kundenservice, Support-Teams und Qualitätssicherung abzubauen. Dies führt dazu, dass wir in entscheidenden Momenten oft keine zeitnahe Unterstützung erhalten – eine frustrierende und leider allzu häufige Erfahrung.
3. Mit Blick auf den Philomath School District: Können Sie uns einige der spezifischen Herausforderungen schildern, denen Sie bei Ihren Digitalisierungsbemühungen begegnet sind? Wie sind Sie diese angegangen?
Finanziell steht auch Philomath School District unter Druck. Der Einsatz von Open-Source-Software hat uns jedoch enorm geholfen. Als klar wurde, dass VMware von Broadcom übernommen wird und Preiserhöhungen drohen, stellten wir auf ProxMox um. Während andere Bezirke Preissteigerungen von bis zu 10-fach verkraften mussten, senkten wir unsere Kosten. Ein weiteres Beispiel: Als unser Tegile-NAS-System ausfiel und ein Ersatz fast 150.000 Dollar kosten sollte, arbeiteten wir mit DakTek zusammen, um für 17.000 Dollar eine nahezu identische Lösung zu entwickeln. Mit TrueNAS Scale läuft dieses System seit zwei Jahren reibungslos.
Cybersecurity ist ebenfalls ein zentraler Fokus, insbesondere da mehr als ein Dutzend benachbarter Bezirke in den letzten Jahren kompromittiert wurden. Als unser Versicherungsanbieter Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA) für E-Mail-Konten verpflichtend machte, reagierten wir frühzeitig. Nach gründlicher Recherche entschieden wir uns für das integrierte MFA-System von Google. Um den Übergang zu erleichtern, bezogen wir alle Beteiligten ein: Präsentationen vor dem Schulvorstand, Gespräche mit Gewerkschaftsvertretern und regelmäßige E-Mails erklärten die Maßnahme.
Bei Skepsis gegenüber Veränderungen setzen wir auf Pilotprojekte. Aktuell testen wir den Wechsel von Windows-Laptops zu Chromebooks. Freiwillige Mitarbeitende prüfen, ob sie ihre Aufgaben – wie das Bearbeiten von PDFs oder die Arbeit mit MS Office – problemlos erledigen können. Ihr positives Feedback hat großes Interesse geweckt, und viele sind bereit, ebenfalls zu wechseln. Eine gewisse Exklusivität während der Testphase hat sich als effektive Strategie bewährt, um Akzeptanz zu fördern.
Schließlich legen wir großen Wert auf Flexibilität und ermöglichen es Lehrkräften, die Werkzeuge auszuwählen, die ihren individuellen Anforderungen am besten entsprechen – selbstverständlich nach sorgfältiger Prüfung. Ob Lernmanagementsystem, Test-App oder digitale Lernressource: Wir sorgen dafür, dass die Tools sicher, zuverlässig und idealerweise mit SSO kompatibel sind. Diese Herangehensweise fördert die Nutzung vertrauter Technologien, steigert die Zufriedenheit und erleichtert die erfolgreiche Integration digitaler Lösungen in den Unterricht.
4. Stichwort Open Source: Warum war Zammad die richtige Wahl für den Philomath School District und wie passt unsere Software zu den spezifischen Anforderungen und Zielen Ihres Schulbezirks?
Die Genehmigung einer neuen Software durch die Führungsebene zu bekommen, ist oft eine Herausforderung – besonders, wenn bestehende Lösungen technisch funktionieren, wenn auch nur mäßig. Zammads Open-Source Natur war hier entscheidend: dadurch hatten wir die Möglichkeit, die Software kostenfrei zu testen und parallel zu unserem bestehenden System zu betreiben. So konnten wir ohne Risiko oder zusätzliche Kosten (außer Arbeitszeit) evaluieren, ob Zammad unsere Anforderungen erfüllt.
Ein weiterer großer Vorteil ist, dass Zammad auf Linux läuft und bekannte, gut dokumentierte Open-Source-Technologien nutzt. Das macht die Sicherheitswartung erheblich einfacher, da keine proprietären, intransparenten Codes im Einsatz sind.
Auch die Wissensdatenbank war ein entscheidendes Argument. Die Möglichkeit, Inhalte granular zu teilen – entweder öffentlich, nur mit eingeloggten Nutzern oder ausschließlich mit Admins – bietet uns enormes Potenzial.
Die LDAP-Integration erleichtert die Benutzerverwaltung erheblich und da unsere Nutzer bereits in Chrome eingeloggt sind, ermöglicht Zammad durch die Integration mit Google SSO einen One-Click-Login. Das verbessert nicht nur die Nutzererfahrung, sondern schützt unser Helpdesk auch automatisch durch MFA.
"Die Anpassbarkeit der Kernfunktionen von Zammad wie Workflows, Objekte und Trigger ist beeindruckend."
Wir können Zammad so konfigurieren, dass es genau unseren Bedürfnissen entspricht. Die Dokumentation zu diesen Funktionen ist zudem frei zugänglich und gut geschrieben – sie versteckt sich nicht hinter einer Paywall oder einem Supportvertrag.
Nicht zuletzt ist die Benutzeroberfläche einfach und intuitiv. Als neurodivergente Person schätze ich es besonders, wie fließend die Navigation funktioniert. Ich muss mich nicht an versteckte Optionen in unübersichtlichen Menüs erinnern; alles ist genau dort, wo es sein sollte.
5. Haben Sie ein Beispiel, wie Zammad einen Prozess verändert hat? Ein Vorher-Nachher-Vergleich wäre interessant.
Früher war es die Ausnahme, dass Probleme oder Anliegen über Tickets in unserem alten SolarWinds-Helpdesk gemeldet wurden – meist kamen sie per E-Mail oder Anruf. Wenn doch ein Ticket einging, suchten die Agenten zunächst in Google Drive oder der Windows-Share nach relevanter Dokumentation. Blieb die Suche ergebnislos, versuchten sie, alte Tickets über die veraltete Benutzeroberfläche zu finden. War auch das erfolglos, suchten sie ihre E-Mail-Postfächer nach Hinweisen früherer Gespräche ab. Häufig führte all das ins Leere, und das Problem musste von Grund auf neu gelöst werden.
"Zammad wird bei uns sehr gerne genutzt, weil der Prozess im Vergleich zu früher unglaublich einfach und benutzerfreundlich ist."
Seit der Einführung von Zammad hat sich das Anruf- und E-Mail-Volumen deutlich reduziert. Falls doch Anfragen per Telefon oder E-Mail eingehen, verweisen wir die Nutzer gezielt auf den Helpdesk. Bei wiederkehrenden Problemen beginnen unsere Agenten nun mit einem Blick in die Wissensdatenbank. Gibt es keinen passenden Artikel, analysieren und lösen sie das Problem und dokumentieren den Prozess direkt in einem Leitfaden mit Screenshots. Beim nächsten Mal reicht es aus, den entsprechenden Artikel zu verlinken, um das Problem schnell zu lösen.
6. Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Rolle von Software im Bildungswesen in Zukunft entwickeln und welche Prioritäten sollten Schulen und Technologieanbieter setzen, um die Digitalisierung voranzutreiben?
Es ist schwierig, genau vorherzusagen, wohin die Reise geht. Wenn sich die derzeitigen Trends fortsetzen, wird sich die Technologie noch stärker in alle Aspekte der Bildung integrieren, wobei die Cybersicherheit noch wichtiger wird. Ein Paradebeispiel ist die künstliche Intelligenz (KI): Wir stehen erst am Anfang ihrer Entwicklung, und ihre langfristige Rolle im Bildungswesen bleibt ungewiss.
Der EdTech-Sektor bietet viele innovative Lösungen und auch ältere Systeme werden zunehmend mit KI-Funktionen ergänzt. Doch welche Ansätze sich wirklich bewähren, bleibt abzuwarten. Gleichzeitig zeigt der Fall Broadcom, wie riskant es ist, sich zu stark an ein einziges Ökosystem zu binden. Schulen sollten Alternativen immer im Blick behalten und Strategien für einen Wechsel parat haben. Große Anbieter wie Cisco mögen bekannt sein, aber das macht sie nicht automatisch zur besten Wahl.
„Technologieanbieter müssen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten verantwortungsbewusst handeln.“
Schulen sind auf Technologieanbieter angewiesen, da sie oft nicht die Ressourcen haben, alles selbst zu managen. Wenn Unternehmen in wirtschaftlichen Krisen radikale Kürzungen vornehmen, etwa beim Support, schränkt das unsere Handlungsfähigkeit massiv ein und zeugt von mangelnder Weitsicht. Solche Maßnahmen mögen kurzfristig finanziell helfen, zerstören aber langfristig das Vertrauen.
Am Ende müssen sowohl Schulen als auch Anbieter flexibel bleiben, sich auf bewährte Lösungen konzentrieren und an neue Gegebenheiten anpassen, um die Digitalisierung nachhaltig voranzubringen.
7. Welche drei Ratschläge würden Sie Schuladministratoren geben, die gerade erst mit ihrer digitalen Transformation beginnen?
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Setzen Sie auf kreative Lösungen. Im Bildungswesen haben wir im Vergleich zu anderen Branchen außergewöhnlich viel Freiheit, unkonventionelle Ansätze zu wählen und umzusetzen. Diese Flexibilität ist ein großer Vorteil – machen Sie sich das zunutze.
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Denken Sie aus der Perspektive der Endnutzer. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, Lehrkräfte mit den Tools und der Infrastruktur auszustatten, die sie für ihre Arbeit benötigen. Setzen Sie auf Lösungen, die nicht nur Probleme beheben, sondern auch die Sicherheit verbessern und die Nutzererfahrung optimieren.
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Kommunizieren Sie offen. Transparenz ist essenziell. Wenn es kein Budget für neue Computer gibt, sagen Sie es. Wenn ein Server durch ein Windows-Update ausgefallen ist, informieren Sie darüber. Und wenn Sie Ihr Helpdesk auf Zammad umgestellt haben, teilen Sie das mit. Menschen reagieren viel verständnisvoller, wenn sie über Veränderungen und Hintergründe im Bilde sind.